Sportwetten können nettes Entertainment, Spaß und Spannung sein. Allerdings kann auch eine Sucht daraus werden. Sportwettentest.net ist sich diesem Risiko bewusst und betätigt sich aktiv in der Prävention und Bekämpfung von Spielsucht.
Sportwettentest.net arbeitet in Kooperation mit Mindway AI, um das Thema Verantwortungsvolles Spielen und Spielerschutz präsent zu machen. Mindway AI ist ein Ableger der Aarhus Universität in Dänemark. Seit über 10 Jahren wird auf dem Gebiet der Neurowissenschaft und Spielsucht geforscht, um mit den Ergebnissen Hilfestellung zur Spielsucht Prävention bereitzustellen.
Im Rahmen der Kooperation wurde der Redaktion ein Interview eines Betroffenen zur Verfügung gestellt, das einen Blick hinter die Gefahren von Spielsucht und deren mögliche Konsequenzen, sowie auch den Weg zurück wirft.
Steve Girling spricht offen über die Heilung von seiner Spielsucht:
Hallo, mein Name ist Steve Girling und ich befinde mich nun im sechsten Jahr seit meiner Heilung von Spielsucht. Ich komme aus Großbritannien, wo meine Frau und ich eine Wohltätigkeitsorganisation namens Reframe Coaching gegründet haben. Im Rahmen von Coachings unterstützen wir Menschen, die direkt oder indirekt von Spielsucht betroffen sind und/oder dadurch Schaden genommen haben.
Ich möchte gern meine persönlichen Erfahrungen weitergeben, um mögliche Schäden mehr ins Bewusstsein zu rücken und ganz klar sagen, dass eine Heilung möglich ist.
Nach außen war alles perfekt: Ich arbeitete hart für meine Karriere als Executive Director und Chief Finance Officer von sieben Unternehmen und hatte eine liebevolle Familie. Ich war sehr erfolgreich und hatte ein gutes Gehalt, ein Firmenauto, Aktienoptionen etc.
Innerlich litt ich jedoch seit Jahren unter Stress und war psychisch angeschlagen. Das führte dazu, dass ich Glücksspiel als einzigen Ausweg sah.
Ich war schon immer ein Gelegenheitsspieler, der mit Sportwetten sein Glück versuchte. Es wurde dann immer mehr und dazu gab es den einen oder anderen Bonus als Belohnung. In Zeiten, in denen ich mich schlecht fühlte, heiterte mich das Glücksspiel auf. Es wurde mein Mittel zur Bewältigung, wenn es mir nicht gut ging, und schließlich zur Sucht.
Gefängnis als Folge
Das Ganze eskalierte, ich bestahl drei Jahre lang meinen Arbeitgeber, um meine Spielsucht zu finanzieren. Und das, obwohl ich vorher eigentlich nie in Schwierigkeiten war. Schließlich wurde ich 2018 verhaftet und ein Jahr später zu vier Jahren (2 Jahre Haft und 2 Jahre auf Bewährung) verurteilt.
Neben dem Diebstahl vernachlässigte ich auch meine Familie und engsten Vertrauten. Immer mit dem Bedürfnis vor Augen mich durch das Glücksspiel besser zu fühlen, war mir alles andere in meinem Leben und in meiner Familie egal.
Besuch einer Beratungsstelle
Meine Familie hielt zu mir und dank ihrer Unterstützung besuchte ich eine spezielle Beratungsstelle für meine Spielsucht und meine schlechte psychische Verfassung. Dieser Schritt war die Grundlage für meine Heilung, da ich dadurch meine Beziehung zum Glücksspiel verstehen und mich behandeln lassen konnte.
Ich musste meine Spielsucht bekämpfen, aber auch die Grundursache, mein mentales Wohlbefinden ernst nehmen. Beides war von Bedeutung, um sicherzustellen, dass ich das Glücksspiel nicht durch ein anderes ungesundes Verhalten ersetzte. Der Wille zur Heilung war da und ich investierte meine Zeit in das Lernen über Spielsucht, Therapien, Denkweisen und zahlreiche Techniken. Ich begann auch, meine Beziehung zu meiner Frau und meinen Kindern wieder aufzubauen.
Während meiner Zeit im Gefängnis hörte ich Mitgefangenen zu und unterstützte sie. Die meisten von ihnen litten auch unter Sucht und Ziellosigkeit. Ich investierte weiter in meine persönliche Entwicklung, in das Lernen und in eine bessere Selbstwahrnehmung. Ich belegte und beendete auch verschiedene Kurse und las zahlreiche Bücher.
Seit meiner Entlassung aus dem Gefängnis gründeten meine Frau und ich mit anderen eine Non-Profit-Organisation namens Reframe Coaching zur Unterstützung von spielsüchtigen Menschen.
Welche Maßnahmen oder Ratschläge hätten Ihnen helfen können?
Ich beziehe mich jetzt einmal nicht nur auf Spielsüchtige, sondern auch auf das allgemeine Leben: Ich denke, es ist so wichtig, einen sicheren Raum zu finden, in dem man sich gehört fühlt, ohne beurteilt zu werden oder das Gefühl zu bekommen, dass andere versuchen, dich zu korrigieren. Einen Raum, in dem man ausdrücken kann, wie man sich wirklich fühlt, statt seine Gefühle unterdrücken zu müssen.
Vor meiner Sucht brachte ich zweimal den Mut auf, mit Menschen zu sprechen, von denen ich dachte, dass sie mir helfen könnten, aber ich schämte mich jedes Mal mehr und mehr. Ich glaube, dass die Menschen schon reden wollen würden, wenn ihnen jemand zuhört. Ich denke aber, dass hier in der Gesellschaft allgemein noch Aufholbedarf besteht.
Ich weiß auch, dass sich die Praktiken für sicheres Glücksspiel mit wichtigen Organisationen wie zum Beispiel Mindway AI ständig weiterentwickeln, aber eine stärkere Interaktion und Intervention seitens der Glücksspielbetreiber hätte definitiv dazu beigetragen, mein Bewusstsein für mein Verhältnis zum Glücksspiel zu schärfen.
Wie können Menschen, die von Glücksspielproblemen betroffen sind, ihren Weg zur Heilung beginnen?
Es gibt mehrere Optionen und ich würde vorschlagen, so viele wie möglich auszuprobieren – um herauszufinden, was am besten zu einem passt. Denken Sie daran: Es geht um Sie, um Ihre Heilung. Das ist weder Wettbewerb noch Wettrennen. Es ist die Chance, IHR Leben zurückzugewinnen.
Andere Menschen, die auch gerade einen Ausweg aus der Spielsucht suchen, machen ihre eigenen Erfahrungen. Was bei ihnen funktioniert hat, muss nicht bei Ihnen genauso zum Ziel führen. Mir hat eine Einzeltherapie geholfen. So konnte ich mich nur auf mich konzentrieren und mich selbst kennenlernen.
Ich habe auch von Achtsamkeits- und Atemübungen profitiert. Dadurch konnte ich wieder zu mir selbst finden und schwierige Gefühle durch die Kraft der Atmung ausdrücken. Ich kenne viele Menschen, die andere Wege genutzt haben wie stationäre Unterstützung, Gruppenarbeit, Online-Programme usw.
