England ist nicht nur das „Mutterland des Fußballs“, auch die moderne Form der Sportwette hat dort ihren Ursprung. Gewettet wird zunächst untereinander, in sogenannten Gentlemen’s Clubs, oder auf den Pferderennbahnen, bevor diese Wettpraxis Ende des 18. Jahrhunderts mit der Entstehung der Buchmacherprofession auf eine professionelle Ebene gehoben wird.
Es kann also nicht weiter verwundern, dass die heute noch bekannten und aktiven Traditionsbuchmacher Ladbrokes, William Hill und BetVictor von den britischen Inseln stammen. Dass die Briten nach wie vor gerne wetten, zeigt nicht nur das „Überleben“ dieser drei, sondern auch, dass das Königreich ganz offensichtlich genügend Nährboden für neue Anbieter liefert.
Gemessen an „The Big Red“, William Hill und der Wettmarke der Chandler-Dynastie haben diese nur wenige Jahre auf dem Buckel, im schnelllebigen Internetzeitalter zählen aber auch sie schon längst zum alten Eisen: die Rede ist von Bet365 und Sportingbet – zwei weitere Namen, die stark mit England in Zusammenhang gebracht werden.
Mittlerweile sind alle fünf Buchmacher zu „Exportschlagern“ avanciert. Das Internet macht’s möglich, und so hat englische Buchmachertradition nicht nur das europäische Festland, sondern längst schon auch Länder in Übersee erobert.
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Englische Buchmachertradition at it’s best: Vier Briten im Porträt
Ladbrokes: Wettannahme seit 1902
Nicht umsonst trägt Ladbrokes den Namen „The Big Red“: auf den britischen Inseln prägen die in Rot gehaltenen Wettshops des Buchmachers die Straßenzüge vieler Städte. Sein stationäres Standbein, aus dem er im Internetzeitalter noch über 70% (!) seines Umsatzes erwirtschaftet, hatte der Bookie auch genügend Zeit aufzubauen, markiert doch das Jahr 1886 die Geburtsstunde des Wettanbieters.
Die ursprüngliche Geschäftsidee der Ladbrokes-Gründer, W. H. Schwind und Mister Pennington, ist allerdings nicht die Wettannahme, sondern das strategische Training von Pferden, auf welche sie auf der Rennbahn Wetten platzieren. Erst im Jahr 1902, auf Anraten von Arthur Bendir, erhält die Zusammenarbeit neue Züge: aus der Partnerschaft wird der Buchmacher „Ladbrokes“, mit Sitz in der englischen Hauptstadt London.
Was folgt, sind viele Jahre Arbeit auf den Pferderennbahnen, mit einem Eliteklientel, dem englischen Adel, als Zielpublikum. Erst 1956 folgt der nächste Entwicklungsschritt, als Cyril Stein und Max Parker den Wettanbieter aufkaufen. Das Wettangebot wird ausgebaut, mit der Telefonannahme und der Eröffnung von Wettshops (ab 1961) der Vertrieb erweitert.
Bereits 1967 erfolgt der Schritt an die Londoner Börse und 31 Jahre später, 1998, ist das Sportsbook von Ladbrokes auch im Internet verfügbar. Pferdewetten, das erste Wettangebot und ursprüngliche Kerngeschäft des Buchmachers, werden auch heute noch angeboten. An deren Umfang, ebenso wie an den bei den Briten so beliebten und von Ladbrokes geführten Gesellschaftswetten, zeichnen sich deutlich der geschichtliche Hintergrund und der Kernmarkt des Bookies ab.
So präsentiert sich Ladbrokes heute: Die wichtigsten Key Facts zur Größe des Unternehmens. Bedeutende Einnahmequellen sind die eigenen Wettshops in England und das Franchisegeschäft in Spanien.
Bild- und Informationsquelle: Anlegerportal der Ladbrokesgruppe ladbrokesplc.com
In ihrer Bedeutung sind sie aber freilich längst von Fußball und anderen Sportarten überrannt worden, die folglich auch bei Ladbrokes nicht zu kurz kommen. Somit präsentiert sich der Bookie heute mit einer Mischung, nämlich dem besten, aus beiden Welten: der alten, stark mit England verknüpften Buchmachertradition, und den modernen Wettinteressen.
Das Wichtigste aber, das von den Ursprüngen des Buchmachers bis heute erhalten geblieben ist, ist der Name. Ladbroke Hall, ein Landsitz des englischen Adels, ist es nämlich, von dem aus W. H. Schwind und Mr. Pennington zunächst operieren und der den späteren Partner, Arthur Bendir, zur Namensgebung inspiriert.
Stärken von Ladbrokes | |
Eines der seriösesten Wettunternehmen überhaupt | |
Vielfältiges Wettangebot, auch abseits der Dauerbrenner Fußball, Tennis, etc. | |
Gratiswette als Neukundenaktion anstelle eines Ersteinzahlungsbonus (der oftmals mit restriktiven Umsatzbestimmungen einher geht) |
Schwächen von Ladbrokes | |
Ungewöhnliche Menüführung, die man aber, sobald man sie durchschaut hat, zu schätzen lernt | |
Durchschnittliche Wettquoten |
BetVictor: Der Gentlemen Buchmacher
Nicht ganz so weit in die Vergangenheit zurück reicht die Geschichte des Wettanbieters BetVictor. Eigentlich gegründet wird er 1946, von Victor Chandler – doch diesem ist das Buchmachergeschäft bereits in die Wiege gelegt. Sein Vater, William Chandler ist in den 20er Jahren als Buchmacher an den englischen Rennbahnen tätig und eröffnet im Jahr 1933 das Walthamstow Stadium, ein Stadion für Greyhound Rennen, in London.
Während Victors Bruder das Stadion übernimmt, gründet Victor Chandler sein Wettunternehmen und expandiert nach und nach mit Wettshops in den Süden Englands. Als er 1974 überraschend stirbt, übernimmt sein damals 22-jähriger Sohn, Victor Chandler Jr., das Unternehmen, das zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Ruin steht.
Nach dem Verkauf zahlreicher Wettshops und mit einer neuen Strategie, die auf vermögendes Wettklientel abzielt, gelingt ihm die Sanierung und er etabliert sich als „king oft the high rollers“ – ein Titel, der das Wettunternehmen bis heute prägt. Nach wie vor ist BetVictor Anlaufstelle für Wettkunden mit „tiefen Taschen“ da der Bookie bekannt dafür ist, im Vergleich zur Konkurrenz sehr hohe Wetteinsätze anzunehmen.
Video oben: Victor Chandler Jr. spricht über die Bedeutung von “Big Bets” für das Unternehmen.
Zudem ist es für Victor Chandler selbstverständlich, sich höchstpersönlich um seine wichtigsten Kunden zu kümmern. Aber auch gegenüber seiner restlichen Wettklientel tritt er sehr persönlich auf, indem er in Werbespots und auf Werbesujets präsent ist. Er pflegt seinen Ruf als „Gentlemen Buchmacher“ – zumindest bis ins Jahr 2014, in welchem er als Geschäftsführer zurücktritt und seine 55% Anteil an der Firma an seinen Partner Michael Tabor verkauft, der damit zum Alleineigentümer wird. Dem Unternehmen bleibt Chandler zwar in beratender Funktion treu, dennoch bedeutet es das Ende einer Ära und das Ende einer Buchmacherdynastie.
Video oben: Victor Chandler Jr. spricht über die Beziehung zu seinen Klienten.
Heute, und außerhalb von Großbritannien, ist das Gepräge von BetVictor weitaus weniger „englisch“ als früher. Aus dem deutschsprachigen Sportsbook sind Gesellschafts- und Pferdewetten so gut wie verbannt, lediglich „Exoten“ wie Hurling oder Gälischer Fußball verweisen noch auf die Heimat. Insgesamt ist der Buchmacher aber sehr breit aufgestellt.
Stärken von BetVictor | |
Umfangreiches Wettangebot | |
Großes Programm an Spezialwetten, bspw. im Fußball (Transferwetten, Trainerwetten, etc.) | |
Wartet regelmäßig mit attraktiven Bonusaktionen auf |
Schwächen von BetVictor | |
Weniger Angebotsvielfalt auf der deutschen Ausgabe der Wettseite |
Bet365: Wetten als Familienangelegenheit
Einen anderen Weg als Victor Chandler, der stets in der Öffentlichkeit stand, beschreitet das Gesicht hinter Bet365. „I really don’t enjoy the attention. The public side does not come naturally to me,” sagt Denise Coates gegenüber dem Guardian (vgl. Denise Coates: the hidden 24/7 woman behind Bet365), die das online Unternehmen im Jahr 2000 in Stoke-on-Trent gründet und nach wie vor gemeinsam mit ihrem Bruder und Miteigentümer John Coates die Geschäfte führt.
Stattdessen überlässt sie hinter den Kulissen nichts dem Zufall. „I’ve been bossy all my life. It’s just I very much enjoy actually running the business.“ Für das Start-up Kapital ihrer Firma belastet sie die Wettshop-Kette ihres Vaters mit einem Kredit im Wert von 15 Millionen Pfund. Die erste Zeit arbeitet sie rund um die Uhr: „You start a 24/7 business and you work 24/7.”
Die harte Arbeit macht sich bezahlt: Heute ist Bet365 der größte Anbieter von online Glücksspiel und online Wetten. Dies, obwohl sich Coates gegen die klassischen „Wachstumsstrategien“ der Branche entschieden hat. Statt an die Börse zu gehen oder das operative Geschäft in eine Steueroase zu verlegen, operiert das Unternehmen nach wie vor aus Stoke-on-Trent.
Allerdings hat Denise Coates das Mietbüro in einem Portakabin-Gebäude (Anm.: Portakabin ist Englands größter Produzent von „mobilen“ Gebäuden auf Modulbasis) mittlerweile gegen einen eigenen Standort im Gewerbegebiet eingetauscht. Rund 80% der knapp 3.000 Bet365-Mitarbeiter sind dort beschäftigt, was den Wettanbieter zum größten privaten Arbeitgeber der Stadt macht.
Warum bet365.com bei den Wettkunden so beliebt ist, offenbart ein Blick auf die Website: kaum ein Anbieter verfügt über ein derart umfangreiches Angebot. Zudem arbeitet der Buchmacher mit einem hohen Auszahlungsschlüssel und offeriert regelmäßig Bestquoten.
Stärken von Bet365 | |
Überträgt unzählige Events im eigenen live Video-Stream | |
Hervorragender Quotenschlüssel mit durchschnittlich 95% Ausschüttungsquote | |
Verfügt über eins der umfangreichsten Sportsbooks am Markt | |
Führt regelmäßig Bestquoten im Angebot |
Schwächen von Bet365 | |
Lange Ladezeiten im Sportsbook, die vielen Flash Elemente können in manchen Browsern Probleme bereiten |
Sportingbet: Ein Buchmacher der neuen Generation
Zwei Jahre vor Bet365, also im Jahr 1998, geht Sportingbet online. Mark Blandford, der ursprünglich im stationären Wettgeschäft tätig war, glaubt an den neuen Vertriebskanal Internet und launcht seine Plattform gleich mit umfangreichem Glücksspielangebot.
Damit ist Sportingbet einer der vielen Wettanbieter, die, anders als gewachsene, traditionelle Wettunternehmen wie Ladbrokes und BetVictor, erst im Sog der New Economy gegründet werden – ein typisches Kind des Internets. Das Unternehmen verzeichnet rasch Erfolg und geht bereits ein Jahr nach Gründung an die Londoner Börse.
Nach einigen Rückschlägen, die vor allem mit regulatorischen Beschränkungen in Übersee zusammenhängen, scheidet Gründer Mark Blandford 2007 aus dem Unternehmen. Bis 2011 schreibt Sportingbet wieder schwarze Zahlen. Seit 2013 ist Sportingbet Teil der GVC Gruppe, einem Glücksspielkonzern, dem unter anderem auch die Sportwettenanbieter Bwin und Betboo angehören. Nicht Teil des Deals ist das australische Geschäft von Sportingbet. Dieses geht an William Hill, der 2015 ein Rebranding vornimmt und die Sportingbet Angebote in Down Under ab sofort unter dem eigenen Namen führt.
Screen oben: seit 2013 operiert der Wettanbieter Sportingbet unter dem Dach der börsennotierten GVC Holdings PLC.
Für Sportingbet Wettkunden hat sich mit der Übernahme nicht viel geändert. Selbstverständlich hat die Seite im Laufe der Jahre, so wie auch jene der Konkurrenz, kontinuierliche Verbesserungen erfahren, das Angebot ist reichhaltig und besonders stechen die Spezialwetten ins Auge. Mit einem kleinen Bereich an Gesellschaftswetten, unter anderem Kricket-, Pferde- und Hundewettangebote blitzt auch noch das „englische Erbe“ des heute international ausgerichteten Unternehmens durch.
Stärken von Sportingbet | |
Hohe Wettquoten für Tennis Livewetten | |
Überzeugt rund ums Jahr mit innovativen Wettaktionen | |
Hohe Vielfalt an gebotenen Sportarten |
Schwächen von Sportingbet | |
Quotenschlüssel durchschnittlich nur bei knapp 93% |