Die Einführung der Wettsteuer im Juli 2012 hat aus den Wettbörsen in Deutschland – zumindest vorübergehend – ein Auslaufmodell gemacht:
Seit sich die populärsten Börsen vom hiesigen Markt zurückgezogen haben, ist das Wetten ohne festgelegter Buchmachermargen zu einem Nischenprodukt im Grenzbereich der Legalität geworden.
Diese Entwicklung ist nicht nur im Sinne einer prinzipiell stets wünschenswerten Vielfalt bedauerlich:
Obendrein haben gerade Wettbörsen in der Vergangenheit den Beweis erbracht, dass sich tatsächlich eine kritische Masse an Nutzern für den ganz speziellen „Börsenhandel“ begeistern lässt.
Manche der heimatlos gewordenen Wettbörse-Kunden trauern bis heute der guten, alten Zeit hinterher – und immer wieder ist dabei die Klage zu vernehmen, dass der Quotenschlüssel der Wettanbieter angeblich nicht den bei den Wettbörsen erreichbaren Gewinnen das Wasser reichen kann.
Gebühren drücken die Gewinne
Tatsächlich hatten Wettbörsen häufig Spitzenquoten im Programm, der vermeintlich kein Konkurrent aus dem klassischen Sektor gewachsen war.
Hierbei ist allerdings zu beachten, dass diese Quoten nicht den letztlich realisierbaren Gewinnen entsprechen – schließlich müssen Kunden nach einer gewonnenen Wette noch eine Gebühr (= Kommission) an den Wettvermittler, sprich: die Börse entrichten.
Weil auch Wettbörsen an irgendeiner Stelle Profite erwirtschaften wollen und sollen, nehmen sich diese nämlich die erfolgreichen Tipper zur Brust: So behielt etwa der einstige Marktführer im Bereich der Wettbörsen im Regelfall glatte 5% der (um den Einsatz bereinigten) Gewinne ein.
Mit einem komplexen Punktsystem hatte es die Plattform aber zumindest Stammkunden ermöglicht, sich bezüglich der zu entrichtenden Kommission besser zu stellen: So konnten insbesondere Heavy-User die entsprechenden Kosten um bis zu 50% drücken.
Wenn wir nunmehr prüfen, ob die Quoten der Wettbörsen auch unter Beachtung dieser Kommission noch immer konkurrenzlos sind, legen wir der Einfachheit aber dennoch die ursprünglichen 5% zu Grunde, da diese Gebühr für den Löwenanteil der Kunden maßgeblich war.
Abbildung oben: So können etwa Kunden des Wettanbieters Ladbrokes ihre Wetten wahlweise auch in der hauseigenen Wettbörse verhandeln. Leider ist die Ladbrokes Exchange aber nicht für deutsche Tipper verfügbar.
Des Weiteren nehmen wir beispielhaft an, dass die Wettbörse für einen Favoritensieg des FC Bayern in der Champions League eine lukrative Quote von 1,9 bietet, während der attraktivste Wettanbieter für einen Erfolg des deutschen Rekordmeisters lediglich eine Quote von 1,86 in Aussicht stellt.
Bei dem klassischen Buchmacher lassen sich die Folgen der Tippabgabe mühelos berechnen: Im vorgegebenen Fall kann bei einem Einsatz von 100 Euro auf eine Quote von 1,86 mit einer Rückzahlung von 186 Euro gerechnet werden, die sich aus dem Einsatz von 100 Euro sowie dem Gewinn von 86 Euro zusammensetzt.
Auch Wettbörsen kochen nur mit Wasser…
Wird die Wette auf den Sieg des FC Bayern bei einer Wettbörse platziert, fällt die Auszahlung dank der Quote von 1,9 mit 190 Euro (100 Euro Einsatz + 90 Euro Bruttogewinn) zwar zunächst etwas höher aus. Der tatsächliche Gewinn – und damit die „richtige“ Quote – stehen jedoch erst nach dem Abzug der Kommission fest:
Reingewinn: 90 Euro – 4,50 Euro 85,50 Euro
Nach dem Abzug der an die Wettbörse zu entrichtenden Gebühr ist der Gewinn folglich auf 85,50 Euro geschrumpft – was einer bereinigten Quote von 1,855 entspricht.
Trotz der vermeintlich schlechteren Ausgangs-Quote zeigt sich der Wettanbieter in diesem Beispiel somit der Wettbörse überlegen: Mit der folgenden Formel können Tipper im Einzelfall selbst berechnen, ob sich die Buchmacher-Quote tatsächlich als das erhoffte Schnäppchen erweist:
In unserem gewählten Beispiel ergibt sich folgender Rechenweg:
Tatsächliche Wettquote = 1 + (1 – 0,05) * (1,9 -1)
Tatsächliche Wettquote = 1 + (0,95) * (0,9)
Tatsächliche Wettquote = 1 + 0,855
Tatsächliche Wettquote = 1,855
Unterschiede zur Wettsteuer
Seit der Einführung der Wettsteuer im Jahre 2012 werden die an den Fiskus zu entrichtenden Abgaben von vielen Wettanbietern auf die Kunden umgelegt:
Da die Steuer von 5% jedoch den gesamten Umsatz (im Gegensatz zum bloßen Gewinn) betrifft, lässt sich die bereinigte Quote in diesem Fall noch unkomplizierter ermitteln.
Die Umlage hat zur Folge, dass von 100 Euro Einsatz nach Abzug der Steuer in Wirklichkeit nur noch 95 Euro in die Wette fließen.
In unserem oben gewählten Beispiel würde ein solcher Wetteinsatz von 95 Euro auf eine Quote von 1,86 nur noch zu einer Rückzahlung von 176,70 – und damit einem Reingewinn von 76,70 Euro führen:
Nach demselben Prinzip lässt sich auch die bereinigte Quote berechnen:
Hier zeigt sich, dass die Wettsteuer zu einem spürbaren Sinken der realen Quote führt. Auf unserem Portal haben wir jedoch auch einige Wettanbieter getestet, bei denen von den Kunden nach wie vor keine Wettsteuer entrichtet werden muss.